Drastische Erfahrungen

Ex-Junkie-erzaehlt-in-Wermsdorf-von-seinen-Suchterlebnissen_pdaBigTeaser

WERMSDORF: Die Klassenstufe 7 der Oberschule Wermsdorf beschäftigte sich in den vergangenen Tagen im fächerverbindenden Unterricht mit dem Thema Drogen. Nach Exkursionen in eine Leipziger Spezialklinik und in die Suchtklinik im Ort sowie einem Vortrag der Polizei war am Mittwoch Sebastian Caspar an der Oberschule zu Gast. Der 40-Jährige kann aus erster Hand berichten, was Crystal mit seinen Konsumenten anstellt.

Zehn Jahre habe er diese und andere Drogen konsumiert, berichtete der Leipziger den Schülern. Seine Erfahrungen hat er im Roman „Zone C“ verarbeitet, der Anfang des nächsten Jahres bereits in vierter Auflage erscheint. Aus diesem Buch las er den Wermsdorfer Schülern zwei Kapitel vor. Dabei konfrontierte er die Schüler mit Drastischem, als die Hauptfigur miterlebt, wie ihr Großvater – der „einzig normale Mensch in unserer Familie“ – stirbt.

Drastische Erfahrungen

Zwischen den beiden vorgelesenen Kapiteln fragt der gelernte Fachinformatiker, der nach seinem Absprung von der Droge ein Studium zum Diplom-Sozialpädagogen absolvierte, nach, was die Wermsdorfer über Crystal wissen und stellt sich deren Fragen. Er weiß, was den Konsum attraktiv macht, kennt die leistungssteigernde Wirkung und das wachsende Selbstvertrauen ebenso wie die Kehrseiten: die Herzrhythmusstörungen, die Psychosen, den körperlichen Verfall. „Wenn man einen Freund mit grauen Augen auf der Intensivstation besucht, der über Kabel und Schläuche am Leben erhalten wird und dann mit 34 Jahren stirbt, vergisst man das nicht“, erzählt der Autor.

Unglaubliche Nebenwirkungen

Schnell ist das Foto eines Abhängigen, der sich selbst die Kopfhaut massiv zerkratzt hat, durch die Bankreihen gereicht. Kaum einer will sich das ausführlich ansehen – das gilt nicht nur für die Mädchen. Für Glücksgefühle und Leistungssteigerung verlange die Droge Chrystal ihren Preis. Dass jeder Abhängige ihn bezahlen muss, ist das Fazit, das Sebastian Caspar zieht. Weder Gruppenzwang noch Depressionen oder die Hoffnung auf einen Modelkörper – geschaffen durch die Appetitlosigkeit, die die Droge nach sich zieht – seien es wert, dies in Kauf zu nehmen.

Der 40-Jährige ist allerdings auch das Beispiel dafür, dass der Absprung gelingen kann. Er ist verheiratet und Vater eines Kindes. Seine Liebe aus Bali nach Deutschland zu holen, habe ihm einen neuen Lebenssinn gegeben, seine Zeit und Energie gebunden. In der Drogenszene habe man keine Freunde. Jene, die man dafür halte, seien nicht mehr als Suchtkollegen. „Mit ihnen gibt es keinen Weg weg von der Droge“, hat Sebastian Caspar festgestellt.

„Das ist abschreckend“

Die Schülerin Celine betont, in dieser Woche viel Neues erfahren zu haben: Was ist drin in den Drogen? Wie verändern sie die Persönlichkeit? Wie schnell wird man abhängig? „Das Thema hat mich interessiert, besonders wie es heute von einem Betroffenen geschildert wurde“, sagt sie. „Es ist aufschlussreich zu hören, wie jemand, der es selbst erlebt hat, eine Drogenkarriere schildert“, sagt Louis. Sein Vater und seine Oma hätten beruflich mit diesem Thema zu tun, deshalb habe ihn die Lesung sehr interessiert. Das sei abschreckend, damit wolle er auf keinen Fall zu tun bekommen.

Für Sebastian Caspar gehören Auftritte vor Schulklassen mittlerweile zum Alltag. Seit „Zone C“ 2014 erschien, habe er schon rund 100 solcher Termine absolviert. In Sachsen-Anhalt gehöre der Roman zur Schullektüre. Er sei keine Autobiografie, enthalte aber vieles, was er selbst erlebt habe, beantwortet er die entsprechende Frage einer Schülerin. Diese Entwicklung habe ihn überrascht. Sein Anspruch sei nicht gewesen, einen „Aufklärungsroman“ auf den Büchermarkt zu werfen. Schreiben sei vielmehr bereits seit der Schulzeit sein Hobby.

Quelle: http://www.lvz.de/Region/Oschatz/Ex-Junkie-erzaehlt-in-Wermsdorf-von-seinen-Suchterlebnissen (21.12.2017)

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website oder ein Blog auf WordPress.com

Nach oben ↑